Wortreiches rund um Walburga
So strömt auch jetzt aus den Gebeinen / Ein wunderbares heilend Öl, / Gar mild zu trösten, die da weinen, / Zu heilen Schmerz an Leib und Seel. / Drum eile gern in deinen Schmerzen / Zur Walburgisquelle Eichstätts hin, / Du wirst mit reichem Trost im Herzen, / Mit Dank gen Gott von dannen ziehn!“ Wie es in den letzten beiden Strophen eines Gedichts namens „St. Walburga“ zu lesen ist, wird es auch dieses Jahr am 25. Februar wieder viele Pilgerinnen und Pilgergen St. Walburg ziehen, um gemeinsam mit den Benediktinerinnen der dortigen Abtei den Festtag der Bistumspatronin zu feiern.
Für die weibliche Jugend
Dass dieses Fest seit vielen Jahren ein Höhepunkt im Klosterjahr ist, davon zeugen auch die zitierten Gedichtzeilen. Sie stammen aus der Februarausgabe der „Walburgisblätter“ im Jahr 1928. Dabei handelt es sich um eine „Illustrierte Monatsschrift zur Förderung der weiblichen Jugend unter Mitwirkung von Lehrerinnen und Jugendfreunden herausgegeben von den Frauen des Stiftes St. Walburg OSB in Eichstätt, Bayern“. Erschienen ist die damals per Abonnement zu beziehende Zeitschrift von 1913 bis zu ihrer Einstellung im Nationalsozialismus im Jahr 1941. Sie richtete sich vor allem an Mädchen und Frauen aus dem Umfeld St. Walburgs, etwa aktuelle und ehemalige Schülerinnen und Lehrerinnen sowie Freunde und Verwandte der Schwestern.
Gregor Danner, damals Abtpräses der Bayerischen Benediktinerkongregation, schreibt im Geleitwort zur ersten Ausgabe im Oktober 1913, dass „gerade das Mädchen des Volkes einen sichtbaren Schutzengel nötig hat, der das Werk der Schule fortsetzt, belehrend, mahnend, warnend, führend ihm zur Seite steht“. Maßgeblich für die Gründung der Zeitschrift eingesetzt hatte sich Schwester Karolina Kroiß, die bei der Wiedererhebung des Klosters zur Abtei im Jahr 1914 einstimmig zur Äbtissin gewählt wurde. Unter Kroiß prosperierte St. Walburg, sie setzte sich für zahlreiche Umbauten ein, Strom- und Wasserleitungen wurden gelegt, Zellen ausgebaut, außerdem beschaffte sie zahlreiche Bücher für die Klosterbibliothek.
Auch ihrer Nachfolgerin, Benedicta von Spiegel, der die Geschicke des Klosters von 1926 bis 1950 anvertraut waren, lagen die „Walburgisblätter“ sehr am Herzen. Zahlreiche Gedichte und Texte der sprach- und literaturaffinen Benediktinerin erschienen bereits ab 1918/19 in der Zeitschrift. Außerdem blühte unter ihrem Regiment vor allem das künstlerische und kunstgewerbliche Schaffen in St. Walburg auf, was sich auch in den „Walburgisblättern“ niederschlug. In den 1930er-Jahren wurden einige junge Frauen im Konvent aufgenommen, deren Talente dem Kloster diesbezüglich zu einer neuen Epoche verhalfen. Darunter befand sich etwa die gelernte Buchbinderin Walburga von Bechtolsheim, die zahlreiche Holzschnitte anfertigte, von denen einige als Illustrationen Eingang in die Zeitschrift fanden. Besonders hervorzuheben sind auch Emmanuela (Bessie) Drey und Dorothea Brockmann. Die beiden Freundinnen hatten zusammen Kunst studiert und gemeinsam in München die „Drey und Brockmann Werkstatt und Schule“ zur Herstellung und zum Vertrieb kunstgewerblicher Erzeugnisse gegründet. Drey verfasste religiöse Büchlein, die von Brockmann illustriert wurden. Letztere war weit über die Mauern von St. Walburg hinaus als Scherenschnittkünstlerin bekannt, sie fertigte mehr als 6.000 Scherenschnitte an, einige davon finden sich in den „Walburgisblättern“: Ihr Repertoire reichte dabei von religiösen Themen über Märchenillustrationen bis hin zu Tier- und Pflanzenbildern. Zudem baute sie in der Abtei eine Werkstatt für mittelalterliche Buch- und Pergamentmalerei aus, fertigte Metalltreibarbeiten an, illustrierte Bilderbücher und malte Fresken. Vermutlich auch durch den Einfluss Brockmanns war Drey, die jüdischer Abstammung war, zum Katholizismus konvertiert und trat mit ihrer Freundin gemeinsam in den Orden ein. Zu ihren Hauptaufgaben dort zählte die schriftstellerische und künstlerische Mitarbeit an der Herausgabe der „Walburgisblätter“, für die sie einige Texte verfasste. Dass Drey die Zeit des Nationalsozialismus unbeschadet überstehen konnte, ist dem umsichtigen und politisch klugen Handelns Benedicta von Spiegels zu verdanken, die 1937 mit „Minster Abbey“ eine Tochtergründung im englischen Kent veranlasste und neun St. Walburger Benediktinerinnen dorthin schickte, darunter die jüdische Konvertitin.
Verse und Vermischtes
In den fast drei Jahrzehnten des Erscheinens der Zeitschrift ist unter den verschiedenen Rubriken eine reiche Sammlung von Texten und Themen zu entdecken: religiöse Betrachtungen, Texte zum Kirchenjahr, Lebensbilder, Fortsetzungsromane, Gedichte und Erzählungen. Daneben findet auch Lebenspraktisches Eingang, so gibt es hauswirtschaftliche Tipps, Rezepte (etwa für „Bischofsbrot“, einen Kuchen, der mit „4 eischwer Mehl“ – „so viel, als 4 Eier wiegen“ gebacken wird) oder Handarbeitsanleitungen. Im „Heimgarten“ plaudert „Mutter Roswitha“ mit Leserinnen über deren Zuschriften, stellt Rätsel und gibt Ratschläge zu Fragen, die durchaus so manches Mal Lebensführung und Zukunftspläne der Abonnentinnen betreffen. Dabei ist immer wieder zu ersehen, dass sich in ganz Deutschland und auch über die Landes-grenzen hinaus Mädchen und Frauen für die „Walburgisblätter“ interessierten. Auch die später eingeführte Rubrik „Rundfunk“ berichtete Neuigkeiten, etwa aus befreundeten Klöstern, der Haushaltungsschule St. Walburg und „Vom Grabe der hl. Walburga“, hier meist Mirakelberichte von Heilungen durch Anwendung von Walburgisöl. Im Jahr 1928 weitete sich der Redaktionskreis für einen männlichen Mitstreiter: Pfarrer Gottfried Meyer, der schon zuvor Beiträge verfasst hatte, wurde festes Mitglied als „Dr. Someinich“ und äußerte sich zu Erscheinungen der zeitgenössischen Lebenswelt wie etwa dem „Bubikopf“, dem er wenig abgewinnen konnte. Nicht nur zeit- und kulturgeschichtlich sind die „Walburgisblätter“ faszinierende Textzeugnisse und Dokumente, sie geben auch Einblicke in das Leben und die Geschicke der Abtei St. Walburg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die den Wirren der Zeit trotzte und ein Hort des Glaubens wie der Beständigkeit im Westen Eichstätts blieb.
Verena Lauerer
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