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08.03.2023

Wochen, die ans Wesentliche rühren

Menschsein - mit der Sehnsucht leben - Thema der Woche

„Menschsein - mit der Sehnsucht leben“, so lautet das Motto von sechs Kurzfilmen, die an den Sonntagen der Fastenzeit im Pöllinger Pfarrheim Charité zu sehen sind. Als Gesprächspartnerin steht Gemeindereferentin Claudia Urban (M.) zur Verfügung. Foto: Seger

Fastenzeit – dabei denken die meisten spontan an Verzicht. „Nein“ zum gewohnten Glas Wein am Abend, „Nein“ zu Naschzeug, „Nein“ zu unnötigen Autofahrten. In spiritueller Hinsicht kann die Fastenzeit dagegen zum Gewinn werden: „Ja“ zu neuen Denkanstößen, „Ja“ zum Innehalten. Die KiZ hat sich auf den Internetseiten der Pastoralräume des Bistums umgesehen und eine Reihe von Angeboten gefunden.

Ökumenisch auf Ostern zu

Exerzitien im Alltag finden derzeit an mehreren Orten statt, zum Beispiel im Pfarrverband Buxheim-Eitensheim. Dorothee Holl, die dort pastorale Mitarbeiterin ist, erläutert das diesjährige Motto „Verbunden leben“, das viele Anknüpfungspunkte bietet – vom Leben in Verbindung mit der Schöpfung bis zu Fragen, die mit zunehmender Digitalisierung zusammenhängen: Tag und Nacht in Verbindung, weltweit und jederzeit. Aber wie weit geht das letztlich in die Tiefe?

An fünf Abenden, immer dienstags, trifft sich die Gruppe. Gesprächspartner ist neben Holl der Ingolstädter Priester und Religionslehrer Reinhard Stadler. Die beiden haben gleichzeitig beim Exerzitienreferat des Bistums eine Ausbildung in geistlicher Begleitung gemacht. Kurz vor Corona erstmals angeboten, waren die „Exerzitien im Alltag“ schnell ausgebremst worden, im folgenden Jahr fanden die Treffen mit Abstand in der Kirche statt, ehe sie in den Eitensheimer Pfarrsaal verlegt werden konnten. „Mit der Zeit kristallisiert sich ein Stamm von Teilnehmenden heraus“, berichtet Holl. Acht sind es heuer, alle katholisch – obwohl die Exerzitien ökumenisch ausgeschrieben waren.

Konfessionsübergreifend sind auch die Brief-Exerzitien, die derzeit die katholischen Pfarrverbände Roth-Büchenbach und „brücken-schlag“ (Rednitzhembach, Schwanstetten, Wendelstein) sowie die evangelischlutherische Gemeinde Roth zusammen anbieten. Ursprünglich seien die Exerzitien ganz klassisch, mit wöchentlichen Treffen, geplant gewesen, berichtet Andrea Barthel, eine der Ansprechpartnerinnen. Doch dann wurde die Brief-Variante, auf die man gleich bei der Premiere pandemiebedingt umsteigen musste, beibehalten. Der Erfolg „hat uns selbst überrascht“, meint Barthel. Heuer sind es 108 Interessierte, die jede Woche einen Umschlag mit Impulstexten und Meditationen erhalten.

„Wir schicken sogar Briefe nach Bremen“, erzählt Diakon Robert Ullinger, der die Briefexerzitien beim Wechsel seines Dienstortes mit in den „brückenschlag“ genommen hat. Die Portokosten kratze man jedes Jahr durch Spenden zusammen. „Frei“, so lautet heuer das Motto der Exerzitien. Texte aus der Bibel, in denen von Freiheit die Rede ist, stehen dabei im Blickpunkt, angefangen bei der Befreiung des Volkes Israel. Auch 2023 ist Freiheit für viele Menschen nur ein Traum. Aber in den Exerzitien gehe es nicht um große Weltpolitik, sondern, so Ullinger, „wir versuchen, im persönlichen Umfeld Gedankenanstöße zu geben“. Die Impulstexte erarbeitet das Team in wöchentlichen Videokonferenzen. Ob man nicht gleich die gesamten Exerzitien, dem 21. Jahrhundert entsprechend, ins Internet verlegen könnte, „diese Frage wird natürlich immer wieder mal gestellt“, antwortet Ullinger: „Aber wir haben bewusst dieses Format gewählt. Viele schätzten es, Texte in der Hand zu halten und sie sich als Gedankenanstöße „an den Spiegel zu klemmen“. Zum Abschluss treffen sich alle Teilnehmenden vor Ostern zum gemeinsamen Gottesdienst.

Filme und Frühschichten

„Mit Kurzfilmen durch die Fastenzeit“, heißt es momentan jeden Sonntag im Pfarrheim Charité in Pölling. Der Pfarrverband Neumarkt-West lädt in Zusammenarbeit mit der Katholischen Erwachsenenbildung dazu ein, „die Fastenzeit als besondere Zeit wahrzunehmen“. Sechs Kurzfilme mit dem Oberthema „Menschsein – mit der Sehnsucht leben“ konfrontieren mal heiter, mal nachdenklich, mit ganz unterschiedlichen Lebensentwürfen. Keine explizit religiösen Filme seien es, erläutert Gemeindereferentin Claudia Urban, die die Treffen leitet: „Sie zeigen Menschen, die mitten im Leben die Spur Gottes finden. Das ist das Schöne daran.“

Bei der Medienzentrale des Bistums organisierte Urban die  Filmreihe zur Fastenzeit, die von der Eichstätter Religionspädagogin Claudia Schäble und ihrem Bamberger Kollegen Thomas van Vugt zusammengestellt wurde. Die Resonanz sei von Sonntag zu Sonntag unterschiedlich, berichtet Urban: „Mal kommt ein Dutzend Leute, mal sind wir nur zu viert.“ Ihre Denkendorfer Kollegin Katharina-Klein, die ebenfalls zum „Fasten-Kino“ lädt, mache ähnliche Erfahrungen. Nicht jeder sei eben ein Fan des Formats Kurzfilm, weiß Urban: „Aber es gibt immer wieder Neugierige. Und das freut mich.“

Neugierig und keck zeigt sich auch das Eichhörnchen, mit dessen Bild der Pfarrverband Herrieden-Aurach für seinen Morgenimpuls in der Fastenzeit wirbt. Unter dem Motto „Aufgeweckt – frisch aus dem Bett“ ergeht fünf Donnerstage lang Einladung in die Stiftsbasilika Herrieden. Weil es schon um 6.30 Uhr losgeht, ist frühes Aufstehen angesagt. „Schon ein kleiner Kraftakt“, gibt Gemeindereferentin Christiane Herrmann zu. Deshalb bleibt es in der Regel bei höchstens einem Dutzend Teilnehmenden. Herrmann bereitet die halbstündige Andacht, der eine kleine Kaffeerunde im Pfarrhaus folgt, mit Ehrenamtlichen vor. Als roter Faden zieht sich das „Misereor“-Thema „Frau.Macht.Veränderung“ durch die Frühschichten.

Mit dem Motto des aktuellen „Misereor“-Hungertuchs „Was ist uns heilig?“, setzen sich Themengottesdienste auseinander, zu denen die Ingolstädter Pfarrei St. Pius an den Sonntagen der Fastenzeit einlädt, um gemeinsam zu überlegen, „was uns heilig ist, wie wir mit der Welt umgehen und was wir von den Frauen lernen können“. In St. Pius gibt es eine fast nur aus Frauen bestehende Gruppe, die regelmäßig Themengottesdienste vorbereitet, berichtet Pfarrer Martin Geistbeck. Es handelt sich um das ehemalige Familiengottesdienst-Team, das sich, als die Kinder groß wurden, eine neue Aufgabe gesucht hatte: Die Vorbereitung besonderer Gottesdienste in den „geprägten Zeiten“. So nennt man Zeiten im Kirchenjahr, deren Liturgie mit Advent und Weihnachten beziehungsweise Fastenzeit und Ostern verbunden ist.

Hoffnung wecken

Lange Tradition in der österlichen Bußzeit haben Fastenpredigten. Bei den Ölbergandachten in Dietfurt oder Berching sind die Kirchen ebenso voll wie in der Kirche Heilig Kreuz in Schambach mit ihrer tausendjährigen Wallfahrtstradition und den bis heute lebendigen Fastenfreitagen. Früher seien das richtige Feiertage gewesen, weiß Pfarrer Michael Krüger, der Leiter des Pfarrverbands, zu dem auch Gungolding und Walting gehören. Die Kinder hatten schulfrei, viele Fußwallfahrergruppen zogen in den 200-Seelen-Ort. Von der Frühmesse bis zum Kreuzweg sei „den ganzen Tag Action gewesen“, erzählt Krüger. Heute beschränken sich die Fastenfreitage auf je einen Gottesdienst mit Predigt zu einem bestimmten Leitmotiv, vom Synodalen Weg (2020 durch Corona gestoppt) bis zum Thema „Engel“. Heuer bildet die von Papst Franziskus vollzogene Marienweihe den Hintergrund, in der er nach Beginn des Krieges in der Ukraine die ganze Menschheit, insbesondere Russland und die Ukraine, dem Schutz der Gottesmutter empfahl. Für Krüger, der für die Fastenpredigten befreundete Mitbrüder von auswärts ebenso eingeladen hat wie den Eichstätter Generalvikar, ist die Weihe ein Hoffnungszeichen: „Und es ist auch die Botschaft, die am Ende der sechs Fastenpredigten stehen wird und die uns unser Glaube sagt: Das Böse wird nicht siegen. Am Ende wird alles gut.“

Gabi Gess


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