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10.07.2020

Wie Priester perfekt predigen ... ... und was sie vermeiden sollten: Über die Verkündigung des Wortes Gottes mit eigener Note

Sonntags am Ambo: Domvikar Reinhard Kürzinger bildet angehende Priester im Predigen aus.

Sonntags am Ambo: Domvikar Reinhard Kürzinger bildet angehende Priester im Predigen aus. Zu Beginn der Fastenzeit hielt er eine „Baustellen-Predigt“ bei einem Pontifikalamt im Eichstätter Dom.                                          Foto: Franzetti

Sie gehört zu jeder Sonntagsmesse wie das Vaterunser und der Schlusssegen: die Predigt. Für jeden Priester ist sie Herausforderung und Chance, um das Wort Gottes zu erklären und zu verbreiten. Für die Zuhörer in den Bankreihen kann sie ermüdend sein, wenn sie schlecht gehalten wird. Sie kann aber auch motivieren, kann Freude am Glauben wecken, kann erbauend wirken. Was macht eine gute Predigt aus? Eine Suche nach Antworten.

Ein geistiger Prozess

Das Lexikon für Theologie und Kirche geht nach einem historischen Abriss über Predigten auf die praktisch-theologische Bedeutung ein. Eine Predigt „ist eine der wenigen Chancen für pastoral Tätige, genuin Theologie zu betreiben“, lautet eine Definition. Wie lässt sich diese Chance nutzen?

Für Domkapitular Reinhard Kürzinger sind Predigten ein geistiger Prozess. Ein Prediger soll sich „den Schrifttext meditierend aneignen“, soll Kommentare zu Rate ziehen, soll „schwanger gehen“ mit dem Thema. Kürzinger ist Dozent für Homiletik am Eichstätter Priesterseminar und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Homiletiker. Als „Homilie“ wird die Glaubensverkündigung in der Heiligen Messe bezeichnet. Papst Franziskus sieht in ihr den „Prüfstein, um die Nähe und die Kontaktfähigkeit eines Hirten zu seinem Volk zu beurteilen“. In seinem vor sieben Jahren veröffentlichten Schreiben „Evangelii gaudium“ dreht sich alles um die Verkündigung des Evangeliums, der Predigt ist darin ein umfangreiches Kapitel gewidmet. Kürzinger schwärmt von dem Apostolischen Schreiben. Der Papst gibt praktische Tipps, wie eine Predigt sein solle und hebt ihren hohen Stellenwert hervor. So dürfe sie „keine Unterhaltungs-Show“ sein und sich nicht zu sehr in die Länge ziehen. Er wählt das Bild der Kirche als Mutter, die so zum Volk predigt, wie eine Mutter zu ihrem Kind spricht, „im Bewusstsein, dass das Kind darauf vertraut, dass alles, was sie es lehrt, zu seinem Besten ist“.

In Kürzingers Büro in der diözesanen Pilgerstelle, die er leitet, gibt es einen ganzen Schrank mit Fachliteratur zum Thema „Predigt“ oder „Homilie“. Das „eine“ Fachbuch oder Standardwerk gebe es da nicht, sagt er. Er verweist unter anderem auf Werke neueren Datums, darunter Erik Flügge „Der Jargon der Betroffenheit: Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt“. Da werde ausführlich erklärt, wie die theologische Fachsprache aufbereitet werden muss, dass jeder sie versteht. Das sei die große Kunst. Kürzinger selbst ist regelmäßig als Prediger im Radio oder Fernsehen aktiv. Dabei hat er bedingt durch den Sendeplan strenge Zeitvorgaben. Das schult, um schneller auf den Punkt zu kommen. Was für jede Predigt, ob mit oder ohne Kamera, wichtig ist: ein Kern oder ein roter Faden, sagt Kürzinger. Sie dürfe kein „Sammelsurium von Gedanken“ sein.

Für die gemeinsame Priesterausbildung der Diözesen Eichstätt, Speyer und Würzburg und der Erzdiözese Bamberg gibt es einen Kriterienkatalog, den die Predigtbegleiter der vier Bistümer zusammengestellt haben. Darin wird eine Gliederung für die Erstellung der Predigt vorgeschlagen. Zusammen mit dem jeweiligen Predigtbegleiter (im Bistum Eichstätt ist es Domkapitular Kürzinger) besprechen die Kandidaten im Vorfeld eine Predigt. Die „Erarbeitung eines Predigtkerns“ richtet sich dabei nach Thesen des Theologen Rolf Zerfaß. Wichtig sei ein Ziel: Welches pastorale Anliegen habe ich in der Predigt? Die Prüfer hören sich schließlich eine Predigt in der Praktikumspfarrei des Kandidaten an und bewerten sie schriftlich und mündlich. Im Anschluss an den Gottesdienst findet dazu ein Gespräch statt, an dem auch der Pfarrer der Praktikumspfarrei und zwei Gemeindemitglieder teilnehmen.

Im Priesterseminar Eichstätt spielt das Thema Verkündigung eine große Rolle, erläutert Regens Michael Wohner. Neben der wissenschaftlichen Beschäftigung gehe es hier um das geistliche Leben: Ein Priester müsse mit Gottes Wort vertraut sein und es leben. Die Priesteramtskandidaten sollen regelmäßig Statio halten und kleine Reden mit geistlichem Inhalt, beschreibt der Regens die Ausbildung. Gefördert werde zudem die „Lectio divina“, eine Methode der betenden Meditation über Bibeltexte. Und natürlich gibt es „Probe-predigten“ beispielsweise bei einer Vesper in der Hauskapelle. Die werden dann zeitnah von der Seminargemeinschaft besprochen, sagt Wohner. Zur Zeit gebe es Überlegungen wie die Predigtausbildung einen „noch intensiveren Praxisbezug bekommen kann“. Die Seminaristen sollen „noch besser auf den Dienst der Verkündigung“ vorbereitet werden. 

Schon jetzt Bestandteil der Ausbildung ist die Sprecherziehung. Dabei gehe es um Aussprache, aber auch ums richtige Atmen und die Körperhaltung, verrät Andrea Holl. Die Logopädin kommt regelmäßig ins Seminar zum Gruppen- und Einzelunterricht. Ein Prediger müsse wissen, was betont wird, wie er mit der Stimmhöhe variieren kann. Die Predigten oder Ansprachen werden auf Video aufgezeichnet und analysiert, sagt Holl. Ihr Tipp übrigens gegen Lampenfieber: „Erst tief einatmen, dann ausatmen und dann erst sprechen.“

Eine Predigt sollte „Kopf, Herz und Hand“ ansprechen, sagt der Eichstätter Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Florian Kluger. Sie solle Ereignisse behandeln, die die Menschen bewegen und dürfe auch politisch sein. Allerdings nicht im Sinne von „partei-politisch“. Vielmehr müsse der Prediger das Gemeinwohl im Blick haben. Mit Studenten der Fakultät für Religionspädagogik an der Katholischen Universität in Eichstätt übe er das Reden über geistliche Themen. Dabei sei es genauso wichtig wie bei einer Predigt, „dass der Redner eine Beziehung zum Zuhörer aufbaut“. Die Botschaft müsse lauten: „Ich habe etwas zu sagen.“

Zwar solle eine Predigt nicht die Tagesschau ersetzen, sagt Kürzinger, aber sie dürfe durchaus aktuelle Fragen aufgreifen. Das führe auch dazu, dass jede Predigt eigentlich ganz neu entstehen müsse. Kürzinger und auch Salesianerpater Josef Lienhard (siehe Beitrag rechts) halten nichts davon, eine alte Predigt ein zweites Mal zu halten. Auch Predigtvorlagen die es zuhauf in Büchern und im Internet gibt, seien wenig dienlich, erklärt Kürzinger. Der Prediger sollte sein eigenes Profil entwickeln, niemanden kopieren und authentisch sein: „Die Predigt muss aus der eigenen Feder stammen.“ Wenn jemand fremde Texte ablese und „womöglich auch noch falsch betont“, merke das der Zuhörer, ist Kürzinger überzeugt. Und noch einen Tipp hat der Fachmann parat: „Weniger Katechismus und mehr Bildsprache“ tue einer Predigt gut.

Andrea Franzetti


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