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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

27.05.2016

Um was dürfen wir Gott bitten?

Einen Vers des Sonntagsevangeliums hebt der Neutestamentler Klaus Berger besonders hervor: Vers neun im siebten Kapitel bei Lukas sei die einzige Stelle in den Evangelien, an der Jesus einen Menschen bewundere – er bewundere den Glauben des Hauptmanns. Und das, obwohl dieser Glaube, der eigentlicher Zielpunkt der Schriftstelle sei, nicht in allem geläutert und frei vom Mirakulösen sei, kein frommer Kirchenglaube, noch ein Bekenntnis- oder Rechtfertigungsglaube.

Der Religionspädagoge Alfred Läpple sieht jedoch alle Voraussetzungen des zupackenden Vertrauens und der tiefen Aufgeschlossenheit gegeben, die den Weg zum Glauben an das Geheimnis Jesu öffnen.

Darüber hinaus eignet diesem Glauben, so sieht es der Theologe Hans Urs von Balthasar, eine Demut, die dem Hauptmann aus seiner menschlichen Situation deutlich geworden ist: er wisse sich als selbst Befehle Erteilender immer noch einem Höheren verantwortlich und verpflichtet.
Und genau dieses bodenständige Wissen mache ihn fähig, in Jesus die wirksame Gegenwart der alles überragenden Macht Gottes zu spüren. Um einen solchen Glauben zu gewinnen sei beides nötig: „Eine unverstellte Einsicht in die Situation des Menschen, wer immer er sein mag; und dazu ein Licht von oben, das auf diese Situation fällt und sie in ihrer Wahrheit enthüllt.“

Notschrei des Glaubens
Bei Berger heißt es weiter: „Das Christentum hat wohl überhaupt seinen Weg in die Herzen genommen, weil man Gott um alles bitten darf, auch um Gesundheit. Weil die Evangelien voll von Wundergeschichten sind. Die verzweifelte Hoffnung richtet sich auf Jesus. Und er akzeptiert hier diesen allzu menschlichen Notschrei als Glauben. Und das ist das eigentliche Wunder: dass wir – mit welchem Glauben auch immer – akzeptiert werden, wenn sich nur die Klage und die Hoffnung auf ihn richten. (…) Glaube ist daher nach dem Evangelium keine Leistung und auch kein besonders klares Denken, sondern Glaube ist eine Richtung, die wir unsere Not und unsere Verzweiflung nehmen lassen. Eine Richtung unseres Schreiens.“

Die Gestalt des Hauptmanns sei ganz allgemein ein Bild für uns heutige Menschen: In der räumlichen Distanz – der Hauptmann begegnet Jesus nicht selbst – spiegle sich bereits unsere räumliche und zeitliche Entfernung zu Jesus. Aber auch uns sage der Herr in unsere Sorgen und Nöte hinein: „Nur die Richtung muss stimmen, aber das ganz. Wenn wir nur die Ahnung haben, dass durch ihn alles gut wird. Wenn wir, wie indirekt auch immer, nur in Berührung kommen mit ihm. Dann wird er alle unsere naiven, falschen und abergläubischen Hoffnungen annehmen, wie sie sind.

So ermuntert er uns zu dem, was wir heimlich ersehnen und ebenso oft buchstäblich nicht zu sagen und zu hoffen wagen. Jeder von uns hat falsche Voraussetzungen. Aber Gott akzeptiert alles, auch die Reste meines Kinderglaubens, die ich nicht in wohlgesetzte Worte setzen kann. Wenn nur die Richtung stimmt.“ Vor diesen Gott können wir mit allem treten, was uns bewegt.
Daran sollten wir denken, wenn wir bei jeder Messe mit den leicht abgewandelten Worten des Hauptmannes vor der Kommunionspendung die Wahrheit unseres Lebens akzeptieren – dass wir „klein“ und schwach sind, angewiesen auf die Fürbitte der anderen, angewiesen auf das heilende Wort des Herrn – und gerade so den Herrn bitten, dass er unsere Wunden heilen und uns in unsrer Zerrissenheit ganz werden lassen möge. Weil er es kann und will!

Michael Wohner, Kirchenzeitung vom 29. Mai 2016

Michael Wohner wurde 1982 in Schwabach geboren. Nach dem Theologiestudium in Eichstätt verbrachte er den zweijährigen Pastoralkurs in der Pfarrei Berching. 2008 wurde er zum Priester geweiht und war danach fünf Jahre lang Kaplanin Weißenburg. Während dieser Zeit besuchte er, nach der abgeschlossenen zweiten Dienstprüfung, als "externes Mitglied" das staatliche Studienseminar für katholische Religionslehre in Ingolstadt. Seit September 2013 arbeitet er in den Pfarreien Treuchtlingen und Möhren mit, gibt weiterhin Religionsunterricht und ist mit einem weiterführenden Studium im Bereich Religionspädagogik beauftragt.

Lesungen zum 9. Sonntag im Jahreskreis am 29. Mai 2016

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